Leben im Dazwischen

Jules Petru Frickers Solo „between – A queer science-fiction rite" im DOCK ART

Von Sara Castro

Ist das ein Club? Eine Höhle? Eine Gegenwelt? Während Grinderteeth am Pult sphärisch-pulsierende Klänge produziert, betreten die Zuschauer*innen den Raum im DOCK ART und setzen sich auf graue Kissen. Auf der Tanzfläche liegt ein Körper in Fötusstellung. Die Musik und der Nebel wecken Neugier: Was ist das für ein Wesen, das da hörbar ins Mikro atmet, später die Füße in die Luft reckt? Nur an einem der beiden steckt ein High-Heel-Boot.

Jules Petru Frickers Solo between – A queer science-fiction rite" ist eine Reise für die Sinne und eine Meditation über queere Uneindeutigkeiten. Die schweizerisch-rumänische Künstler*in bewegt sich alienartig durch den Raum, halb Mensch, halb rätselhafte Kreatur. Allmählich richtet sich der Körper in der Mitte des nur schwach beleuchteten Raumes auf. „They give birth to themselves", sagt eine Stimme vom Band.


Die pinke Latexmaske über Frickers Kopf, die an ein Kondom erinnert, pulsiert im Rhythmus der Atmung. Das Bikini-Trikot auf dem Leib betont dessen Muskulatur. Fricker dreht sich auf der Stelle um und starrt jede*n aus dem Publikum an. Gruselig wirkt das durch die Beleuchtung. Verzweifelt scheint das Wesen nach Sauerstoff zu gieren, öffnet den Mund unter der Latexmaske weit. Man möchte die Maske zerreißen und endlich das Gesicht sehen... aber Fricker kommt diesem Wunsch zuvor. „Im not lost in the void between here and now and them and their”, sagt Fricker mit akustisch verzerrter Stimme.

Stattdessen demonstriert Fricker, wie so ein Dasein im Dazwischen aussehen kann. Die Tänzer*in kreist um eine Metallkette, die zwischen Decke und Boden gespannt ist, skandiert stolz: „We are here“. Wenig später kreist ein High-Heel-Stiefel daran, während Fricker im Publikum eine Art inneren Monolog vorträgt. Einige Sätze sind auf Deutsch, andere auf Englisch und Rumänisch – ein Leben auch zwischen den Sprachen, den Kulturen.

Der Begriff „between" wird dabei zum roten Faden, sodass man die Beziehung zum Namen der Performance deutlicher versteht: „Between the here and now”, „in, between, out”, „the gaps between the skin”. „Am I still the same?", fragt Fricker – und zeigt Videos aus der eigenen Vergangenheit, verwaschen und pixelig, in denen man Fricker als Kind tanzen sieht. „Where is the beginning, where is the end?"

Und Fricker tanzt, immer noch, immer neu. Wirbelt, nun mit neuer Maske und Tentakel-Haaren auf dem Kopf, fast nackt im Kreis, im Rausch. Tanzen als Lebenselixier, Tanzen als Lebensübergang. Am Ende macht sich ein Gefühl von Freiheit breit, als Fricker die Tür öffnet. Lichtstrahlen brechen herein – und durchfluten alles warm.